Europäische
Heimatwerk Geschichte

Zur Historie von Heimatwerk in Europa

Die Heimatwerke in den österreichischen Bundesländern und auch in der angrenzenden Schweiz sind heute als Handels- bzw. Gewerbeunternehmen und als Kulturinstitutionen vielen Menschen als Qualitätsmarke ein Begriff. Die Heimatwerke werden je nach Schwerpunktsetzung in unterschiedlicher Weise mit volks- bzw. regionalkulturellen Äußerungen in Verbindung gebracht. Gestaltendes Handwerk, heimische Tracht, Volksmusik und Bräuche stehen in engem Zusammenhang mit den seit vielen Jahrzehnten existierenden Einrichtungen.

Doch wie sind diese Heimatwerke in Zentraleuropa entstanden? Warum heißen sie so? Gibt es auch in anderen Ländern so etwas wie „Heimatwerke“?

Die Quellenlagen zu den „Heimatwerk – Geschichten“ sind regional unterschiedlich erforscht, jedoch meist äußerst dürftig und in den Darstellungen oft sehr mangelhaft. Die Grundsatzbroschüre „Das Heimatwerk in Österreich – Idee und Gestalt“ aus dem Jahr 1981 gibt zwar grundsätzliche Orientierung, geschichtliche Daten der Heimatwerk – Geschichten sind jedoch auch hier nicht angeführt. Manches aus der Historie wurde unkorrekt dargestellt, verschwiegen, verdrängt und unreflektiert über die Jahrzehnte weitergetragen. Dies wird durch die biografische Kontinuität agierender Personen in ihren Zeiten verständlich, gab die Volkskultur in ihrem breiten Spektrum doch die Möglichkeit zu politischer Rehabilitation. Es ist nach einer Offenheit und Transparenz der Geschichte(n) zu streben.

Der Name "Heimatwerk"

„Heimatwerk“ ist laut Ständecke eine Wortschöpfung, welche der Kaufbeurer Kurat Christian Frank (1867-1942) für sich als Urheber beanspruchte. In der von ihm herausgegebenen Zeitschrift DEUTSCHE GAUE, die im gesamten deutschen Sprachtraum verbreitet war, gab es 1907 und 1908 eine Rubrik mit der Bezeichnung „Das Heimat-Werk“. Ab 1909 wurde die Rubrik auf „Unser Heimatwerk“ umbenannt. 1912 wurde das „Heimatwerk“ von Kurat Frank als eine „Zentralstelle für Heimat- und Volkskunde“ von „Vertretern von Heimatschutzvereinen ec. besonders aus Württemberg und Österreich“ besucht und eingehend „studiert“. In diesem Zusammenhang ist eine 1921 von Viktor von Geramb (1884-1958) verfasste „großdeutsche“ Weihnachtsgabe mit dem Titel „Heimatarbeit in Österreich“ interessant. Wie Kurat Frank verband auch Geramb ein heimatschützerisches Interesse mit großdeutschen Kulturideen. Bestandteil von Gerambs „Heimatarbeit“ wurde 1934 die Gründung des ersten Heimatwerkes in Österreich als „Heimatwerk des Steirischen Volkskundemuseums“ in Graz.

Diese Beratungs- und Verkaufsstelle für Volkskunst, Tracht und Hausgewerbe verband die Bestrebungen des Kaufbeurer Anstaltsgeistlichen Kurat Christian Frank mit den Zielsetzungen der in der Schweiz eingerichteten Heimatwerk „Absatzgenossenschaft für Folklore-Fabrikate“.

Der Name Heimatwerk wurde auch für Schriftenreihen verwendet wie „Heimatwerk Sudetenland“ (1925), Coburg-Eisfelder Heimatwerk (1951), Siebenbürgisch-Deutsches Heimatwerk (1957), auch für religiöse Verbände wie Katholisches Heimatwerk (1933), Heimatwerk der Katholiken aus der freien Prälatur Schneidemühl e.V. oder auch die Heimatwerk Hannover eG als Wohnungsgenossenschaft.

Zusammenfassend gesehen wurde der Name Heimatwerk immer verwendet, wenn die ideelle oder reale Heimat bedroht erschien.

Das skandinavische Vorbild

Im Zusammenhang mit der Gründung der zentraleuropäischen Heimatwerke wird immer vom Vorbild der skandinavischen Einrichtungen, vornehmlich von Schweden gesprochen. Die „skandinavische Hausfleißbewegung“ entwickelte sich um 1870. Den Anst0ß dazu gab laut Kai Detlev Sievers der österreichische Kunsthistoriker Jacob von Falke (1825-1987). Schweden war um diese Zeit bereits internationaler Vorreiter in der Ausbildung von Handfertigkeits-Lehrerinnen und der Einrichtung von Handfertigkeitssschulen.

1899 wurde von Lilly Zickermann ein „Sozialwerk zur Rettung des schwedischen Hausgewerbes“ begründet, welcher nach Ansicht von Franz Lipp sehr eng und parallel mit dem Werkbund arbeitete. In Norwegen (ab 1867) und Dänemark (ab 1879) wurden landesweit „Husfliden“- Organisationen für die Herstellung und den Verkauf von handwerklichen und kunsthandwerklichen Produkten initiiert. 1913 wurde auch in Finnland ein Zentralverband gegründet. Ähnliche Bemühungen im an Dänemark angrenzenden Deutschland blieben nur Stückwerk und fanden kein öffentliches Interesse. Erst nach 1909 änderte sich diese Auffassung.

Parallel zur Hausfleißbewegung sollte auch der Freilichtmuseen betrachtet werden.

1891 erfolgte die Gründung des ersten Freilichtmuseums in Schweden von Arthur Hazelius. Er wollte in seinem Museum mit Folklore-Veranstaltungen und der Förderung schöpferischer Handarbeit pädagogische Arbeit leisten. 1924 gab es erste Ideen und Vorstellungen zu einem Freilichtmuseum in Salzburg durch SMCA Dir. Julius Leisching, ebenso in etwa derselben Zeit in Sachsen durch Oskar Seiffert Viktor von Geramb, welcher durch das Heimatschutz – Netzwerk von den Bestrebungen wusste und sich 1928 eigenen Angaben zufolge an den Einrichtungen in Holstein, der Schweiz und Skandinavien orientierte, wollte nach schwedischem Vorbild in Graz einen Steirischen Volkspark schaffen, der wie das ganze Volkskundemuseum und das Heimatwerk der lebendigen steirischen Volkskultur dienen sollte. Die romantischen Ideen ließen sich nicht verwirklichen. In Österreich wurde 1962 das erste Österreichische Freilichtmuseum in Stübing begründet (oder war dieses 1952 auf dem Kreuzbergl in St. Oswald / Kärnten lt. Koschier?). Das 1984 eröffnete Salzburger Freilichtmuseum schaffte als erstes neben der klassischen Vermittlung eine „Belebung“ des Museums mit Aktivitäten nach schwedischem Vorbild. Mittlerweile sind alle Freilichtmuseen in Österreich um verstärkten Erlebnischarakter und pädagogisch aufbereitete Vermittlungen nach schwedischem Vorbild bemüht.

Das Schweizer Heimatwerk

Aufgrund der wirtschaftlichen Notlage von der Bergbevölkerung gab es in der Schweiz bereits um 1925 Bemühungen, Absatzmöglichkeiten für bäuerliche Volkskunst zu erschließen. So gab es z.B. die „Verkaufsstelle für Volkskunst und nationales Handwerk“, das bald darauf unter „Heimatwerk“ firmierte in St. Gallen von Laura Weigmann; ein „Heimarbeitswerk“ in Winterthur von Lucie Wolfer-Sulzer, eine „Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit“ in Bern, einen „Verein für Heimarbeit im Berner Oberland“, eine Verkaufsgenossenschaft vom Schweizer Heimatschutz, welche 1929 aufgelöst wurde u.a.m. 1930 wurde im Auftrag des Bundesrates ein staatlich gefördertes „gemein-schweizerisches Unternehmen“ Schweizer Heimatwerk als Abteilung des Bauernverbandes mit Sekretär bzw. Direktor Ernst Laur-Schaffner (1871-1964) nach skandinavischem Vorbild eingerichtet. Es hatte die Aufgabe, eine dem „Bergvolk“ lehrbare Handwerks-und Heimatkultur hervorzubringen und die während des Winters in Heimarbeit hergestellten Waren zu vermarkten.

Das Unternehmen hatte drei Säulen:

1. Zentralstelle für bäuerliche Heimarbeit und ländliche Wohlfahrtspflege

2. Lehr- und Musterwerkstätte für Handweberei usw. in Brugg

3. Schweizer Heimatwerk – Verkaufsstelle „Heimethuus“ in Zürich ab Anfang Mai 1930, betrieben von Ernst Laur (1896-1983) und Gattin Agnes Laur-Bösch (1899-1990).

 

 

Die Bezeichnung „Heimatwerk“ übernahm man mit Zustimmung von Laura Weigmann von ihrem gleichnamigen Laden in St. Gallen. Der Name Heimatwerk wurde in einer Runde Gleichgesinnter wie ein zündender Funke als schweizerisch-deutsche Übersetzung des schwedischen „Hemslöjd“ gesehen, ursprünglich ein Begriff für eine „zuhause ausgeführte handwerkliche Tätigkeit“. Somit war zum skandinavischen Vorbild auch die namentliche Verwandtschaft gegeben. Die im Jahre 1931 abgehaltene Ausstellung „Schweizer Heimatwerk“, wo für „bergbäuerliche Winterarbeiten“ und deren Absatz in sechs bereits bestehenden Läden geworben wurde, erregte internationale Aufmerksamkeit, vor allem auch in Deutschland und Österreich, wie nachfolgende Entwicklungen zeigen werden. Auf Grundlage der am 9.4.1934 verabschiedeten Statuten löste sich das SHW organisatorisch vom Bauernverband und wurde eine eigenständige Genossenschaft. Der Bauernverband blieb jedoch lange Zeit wichtigstes Genossenschaftsmitglied. Mit Einwilligung vom Schweizer Heimatwerk firmierten bald weitere Betriebe auf eigene Verantwortung und Rechnung unter dem Namen „Heimatwerk“. Heute würde man „Franchisenehmer“ dazu sagen.

1944 beteiligte sich das Schweizer Heimatwerk an der Gründung der Schweizer Berghilfe. 1952/53 wurde der Verkaufsstandort am Flughafen Zürich Kloten eröffnet.

1989 erfolgte der Zusammenschluss der regionalen Heimatwerke zu einer Interessensgemeinschaft, die sich seit 1996 Vereinigung der Heimatwerke in der Schweiz nennt.

Martin Stüssi war ein langjähriger Leiter der Genossenschaft und engagierter Motor des Verbandes Europäisches Heimatwerk. Die Genossenschaft Schweizer Heimatwerk heute wird nicht vom Bund subventioniert und  betreibt sieben Verkaufsstellen mit ausgewählten Schweizer Geschenks-Ideen und Souvenirs „Made in Switzerland“. Vorsitzende der Geschäftsleitung ist heute Erika Mathis-Brassel. Das Schweizer Heimatwerk ist nicht mehr Mitglied im Kuratorium Europäisches Heimatwerk.

Das deutsche Heimatwerk

Eine GmbH „Deutsches Heimatwerk“ wurde 1933 gegründet. Es gab jedoch auch in Deutschland bereits die Jahrzehnte zuvor Ausstellungen und Bestrebungen zur Verbreitung von Volkskunst und wie z.B. in Bayern ab 1901. Märkte und Ausstellungen wurden mit Produkten „volkstümlicher Hauskunst“ zu beschickt, z.B. das Magdalenenfest in Nymphenburg, das Oktoberfest in München, diverse Christkindlmärkte u.a.m. 1905 wurde ein Ausschuss „zur Wiederbelebung alter Gewerbe und Hausindustrie“ eingerichtet. Erfolgreiche Verkaufsausstellungen folgten und 1910 wurde vom Bayerischen Verein für Volkskunst und Volkskunde ein Geschäft namens „Heimatkunst“ in München eröffnet, welches 1912 jedoch bereits wieder geschlossen wurde.


In Sachsen veranstaltete der Verein für Sächsische Volkskunde im Sommer 1896 in Dresden eine „Ausstellung Sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes“. Eng damit verbunden ist der Museumsleiter Oskar Seyffert (1862-1940). Er galt in Österreich lange als Begründer des „ältesten Heimatwerks“ (Franz Lipp/Leopold Grünn, siehe auch „Heimatwerk-Fibel“), obwohl er ein Geschäft oder eine Genossenschaft dieses Namens nie unterhalten hatte! Korrekter scheint mir zu sein, dass er im Sinne der Heimatwerk-Idee die Erzgebirge-Hausindustrie im Jahre 1924 begründete.

Als Vorstufe zur Gründung der Deutschen Heimatwerk GmbH werden zwei Ausstellungen gesehen. 1932 „Volkskunst, Hausfleiß und Handwerk“ in Berlin und Breslau. 1932 gab es erste Bemühungen, ein „Schlesisches Heimatwerk“ zu gründen. Die Aufgabenstellung ging in drei Richtungen:

1. Untersuchung der vorhandenen Werkstätten und Betriebe auf dem Gebiet von Volkskunst, Hausfleiß und Handwerk

2. Förderung durch Beratung und Zusammenfassung der Produktion und Absatzförderung

3. Einbau in die Bestrebungen für eine produktive Grenzdeutschtums- und Heimatpflege

1933 fand eine „Deutsches Heimatwerk – Ausstellung für Volkskunst und bodenständiges Handwerk“ als Verkaufsausstellung der „Vereinigung Volkskunst und Handwerk“ in Berlin statt. Initiatoren waren Hans Kaiser in Erich Ziegert, unterstützt von nationalsozialistischen Verbänden. Zweck der Ausstellung war, Käufer und politische Unterstützung für das Heimatwerk zu finden. Das Heimatwerk würde helfen „aus Volkstum und Heimat die deutsche Volksgemeinschaft“ zu verwirklichen.

Ab der Machtergreifung (30.1.1933) durch die Nationalsozialisten gab es bereits Bestrebungen zur Errichtung eines reichsweiten, nationalsozialistischen Heimatwerkes für bodenständiges Handwerk und Volkskunst.

Am 4.12.1934 wurde das Deutsche Heimatwerk mit Sitz in Berlin als gemeinnützige GmbH genehmigt und am 22.1.1935 im Notariatsregister eingetragen. Als Geschäftsführer fungierten Hans Kaiser und Erich Ziegert. Langfristig plante der Reichsnährstand (ab 1936 alleiniger Gesellschafter), in jeder Landesbauernschaft eine Landeszweigstelle des DHW mit „Erzeugnissen bäuerlicher Volkskunst“ einzurichten. Geschäftsführer wurden Habns Kaiser und der überzeugte Nationalsozialist Erich Ziegert.

Die Beziehungen zu Heimatwerken anderer Länder verliefen im Sande. Das Hauptgeschäft wurde in Berlin eingerichtet, Filialen in München (1937), Breslau und Düsseldorf (1936). Kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges kam es zur Gründung des NS „Heimatwerk Ostpreußen“. Die Zielsetzungen lagen ähnlich wie beim Tiroler Heimatwerk oder bei den skandinavischen Hausfleiß-Einrichtungen. Im Sudetenland entstand 1939 ebenfalls ein Heimatwerk. Langfristig sollte dieses dem NS-Heimatwerk Sachsen angegliedert werden. Weitere Filialen in Salzburg (1940), Straßburg und Weimar (1941). Pläne für eine Wiener, Frankfurter und Warschauer Niederlassung wurden nicht realisiert.

Neben dem Deutschen Heimatwerk existierten in der NS-Zeit noch weitere „Heimatwerke“ und „Heimathäuser“. Heimathäuser dienten der ideellen Kulturpflege, Heimatwerke, diese auch wirtschaftlich umzusetzen. Gauheimatwerke unterstanden dem Gauleiter und entwickelten Programme zur Förderung einer parteikonformen „Heimatkultur“. So ein Gauheimatwerk war auch das 1942 gegründete Heimatwerk Salzburg, das Heimatwerk Sachsen (gegr. 1935), das Gauheimatwerk Südhannover-Braunschweig (gegr. 1941) u.a.m.

Österreichische Heimatwerke

Zu den Rollen österreichischer Heimatwerke wie Oberdonau in Linz (1939) oder Niederdonau in Wien (1942) in der NS-Zeit ist wenig bekannt. Die Aktivitäten in dieser Zeit wurden bei den Neugründungen der Heimatwerke nach dem Krieg von den handelnden und verantwortlichen Personen verschwiegen und verdrängt. Mit Ausnahme von Salzburg und Steiermark hat sich die Forschung bisher kaum mit der Vergangenheit der Institutionen beschäftigt.

Das steirische Heimatwerk

Die Geschichte des Steirischen Heimatwerks ist eng mit jener des Volkskundemuseums in der Grazer Paulustorgasse verknüpft, hat sich das Steirische Heimatwerk doch aus diesem heraus entwickelt und war bis 1979 im Gebäudekomplex des Museums untergebracht. Begonnen hat alles im Jahr 1917 in den Wirren des Ersten Weltkriegs als Viktor Geramb (1884–1958), der im Jahr 1913 das Volkskundemuseum gründete, in der Vorweihnachtszeit im Museum eine „Volkskundliche Verkaufsstelle“ ins Leben rief. Mit dieser Einrichtung, die er später als „Vorläufer unseres Heimatwerkes“ bezeichnete, verfolgte Geramb zwei Ziele: Zum einen sah der darin die Verwirklichung seiner volksbildnerischen Idee, „Nachahmungen von im Museum vorhandenen Originalen steirischer Volkskunst“ herstellen zu lassen und zu verbreiten. Zum anderen sollte das Erzeugen dieser Produkte verwundeten Soldaten zu einem Nebenverdienst verhelfen bzw. in späterer Folge das bäuerliche Hausgewerbe fördern. In Invalidenschulen wurden daher ab 1917 im Auftrag des Museums Hinterglasbilder, bemalte Dosen und Schachteln, geschnitzte Kassetten, Handtuchhalter, Brotmesser, Buttermodeln, schmiedeeiserne Leuchter etc. nach Vorlagen des Museums in großer Menge für den Verkauf angefertigt. So konnte den Invaliden eine „reiche Beschäftigung mit guter bodenständiger Volkskunst und ein hübscher Nebenverdienst und den Käufern eine Auswahl guter, geschmackvoller und vor allem echter heimischer Andenken gewährt werden.“, so Geramb.

Steirisches Heimatwerk 1934-1938


Anfang der 1930er-Jahre beabsichtigte Viktor Geramb, die Räumlichkeiten des Volkskundemuseums für seine Sammlungen und vor allem auch seine volksbildnerischen Tätigkeiten durch Zubauten zu erweitern. Im ersten Schritt seines Ausbauplanes war der Bau eines sogenannten „Verkaufsstöckels“ für das Steirische Heimatwerk mit den dazugehörigen Lager- und Schauräumen geplant. Zur Verwirklichung dieses Planes erwirkte Geramb in den Jahren 1933 und 1934 je eine steirische Spendensammlung, die damals in Summe 16.000 Schilling einbrachte und die Errichtung des „Stöckls“ ermöglichte. Die feierliche Eröffnung des „Steirischen Heimatwerks“ fand schließlich am 7. Juli 1934 statt. Es war das erste Heimatwerk in Österreich und Vorbild für die späteren Gründungen in allen Bundesländern.

Im Jahr 1934 entwickelte das Steirische Heimatwerk eine Schutzmarke, die mit dem Wappentier der Steiermark – dem Steirischen Panther – geschmückt und der Umschrift „Vom Heimatwerk des steirischen Volkskundemuseums empfohlen“ versehen war. Die Marke war dabei keineswegs ein Geschäftszeichen des Heimatwerks, sondern stellte ein Fachgutachten des Volkskundemuseums dar. Mit Aufrufen an die Kaufmannschaft holte man Schneider:innen, Hut- und Schuhmacher:innen, Kaufhäuser, Stoffdrucker:innen und -weber:innen ins Museum und unterzog ihre Erzeugnisse einer Prüfung. Für positiv bewertete Trachtenstücke erhielten diese die Schutzmarke. Ziel der Zertifizierung war, Käufer:innen „vor minderwertigen und trachtlich falschen Erzeugnissen [zu] schützen und dadurch auch die heimatliche Tracht vor den schädlichen Einflüssen volksfremder Modeströmungen [zu] bewahren“.

Steirisches Heimatwerk 1938–1945
1938, im Jahr des „Anschlusses“, präsentierte sich das Steirische Heimatwerk finanziell als solider Betrieb. Die Einnahmen aus dem Eigenwarenverkauf, der Überschuss aus dem Fremdwarenverkauf, Schutzmarkengebühren und Spenden deckten Personalaufwand und alle sonstigen Erfordernisse ab, 1938 blieb ein Plus von über 3000 Reichsmark (Kaufkraft ca. 16.000 Euro). Der Erfolg des wirtschaftlichen Aufbaus des Heimatwerks von einer volkskundlichen Verkaufsstelle zu einem Unternehmen mit Lagerverwaltung und Verrechnung von Markenrechten lag nicht zuletzt am langjährigen ehrenamtlichen Engagement des ehemaligen Generaldirektors bei Humanic, Gustav Klein, der das Heimatwerk kaufmännisch betreute.

Viktor Geramb wurde nach dem „Anschluss“ wegen seiner katholischen Gesinnung in seiner volksbildenden Vortragstätigkeit in der Steiermark eingeschränkt und an der Universität seiner Funktionen enthoben, er blieb jedoch Leiter des Volkskundemuseums. Viktor Theiss (1894–1967), der seit 1924 wissenschaftlicher Beamter am Volkskundemuseum war, kümmerte sich nun vermehrt um die inhaltliche Betreuung des Heimatwerks, hielt Vorträge in den Lehrerbildungsanstalten, der Fürsorgerinnenschule sowie an der Kunstgewerbeschule.

Was Inhalte und Aktivitäten betrifft, bedeutete der „Anschluss“ für das Heimatwerk in der Steiermark keinen Bruch: Die Aktivitäten wurden praktisch unverändert weitergeführt. In der Trachtenliteratur der NS-Zeit spielte das Steirische Heimatwerk jedoch kaum eine Rolle, die einschlägigen Ratgeber für Frauentrachten in der Steiermark waren von der „Deutschen Frauenschaft“ oder Dienststellen des Reichsstatthalters herausgegeben worden. Ausnahme war ein Beitrag über „Die steirische Männertracht“, die Theiss im Auftrag des Gauleiters 1944 veröffentlichte.

Steirisches Heimatwerk 1946–1979/80

Der Zweite Weltkrieg mit seinen wirtschaftlichen Folgen und die unmittelbare Nachkriegszeit mit ihren Lieferschwierigkeiten ließen die vielversprechenden Anfangsjahre des Steirischen Heimatwerks bald verblassen. Und es stellte sich auch heraus, dass das „Stöckl“ in der Paulustorgasse keineswegs an einem verkaufsgünstigen Platz lag und so gesehen keine realistischen Entwicklungsmöglichkeiten hatte. Sämtliche Versuche, in eine bessere Geschäftslage zu gelangen, scheiterten damals. Der einzige Lichtblick war 1952 die Eröffnung einer Filiale in Kapfenberg, die nach einigen Jahren das Hauptgeschäft in Graz umsatzmäßig sogar überholte.
Dokumente aus jener Zeit dokumentieren das damalige Heimatwerk-Angebot: Es gab ungebleichtes oder rasengebleichtes Bauernleinen aus der Oststeiermark, handbedrucktes Leinen aus Aussee, handgewebte Trachtenstoffe aus Graz, Gams und Feldbach, Loden aus Mandling. Aus dem Ennstal lieferte ein Heimarbeiter verschiedene Holzwaren, aus der Weststeiermark kam bäuerliche Keramik, Flechtwaren gab es aus dem Mürztal, Glaswaren aus Voitsberg, handgeschmiedetes Eisen aus Leoben und Deutschlandsberg. 

Trachtentücher aus Seide wurden auf Anregung des Steirischen Heimatwerks von einer Wiener Seidenweberei gefertigt und im Heimatwerk verkauft.

Im Steirischen Heimatwerk wurden zwar von Anfang an Trachtenberatungen durchgeführt und Stoffe verkauft, jedoch keine Dirndl gefertigt. Erst im Jahr 1963 wurde die Schneiderin Barbara Schober (spätere Koprivnik) mit dem Aufbau einer Schneiderei betraut. Sie hatte zuvor in der Trachtenwerkstätte des Kärntner Heimatwerks gearbeitet und wurde nach ihrer Übersiedelung nach Graz vom damaligen Leiter des Kärntner Heimatwerks, Franz Koschier, dem Steirischen Heimatwerk empfohlen. Als selbstständige Schneiderin zog Schober in einen Raum oberhalb des Trachtensaals im Volkskundemuseum ein und begann hier, für das Steirische Heimatwerk Dirndl zu fertigen. Sie brachte einen unglaublichen Schwung sowie Fachwissen mit und baute ihre Werkstätte Schritt für Schritt aus, bis diese schließlich im Jahr 1975 in das Steirische Heimatwerk eingegliedert wurde.

Mit Beginn des Jahres 1973 übernahm Katharina Zwittnig – seit 20 Jahren Leiterin des Steirischen Heimatwerks in Kapfenberg – die Geschäftsführung des gesamten Steirischen Heimatwerks, und Luise Feichtinger wurde die Verkaufsleitung in Graz übertragen. Mit viel Engagement und Innovationen (Oster- und Christkindlmarkt, Verkaufsausstellung „Lebendiges Kunsthandwerk“, Erstellung einer Trachten-Postkartenserie u.v.m.) versuchte das neue Team, das Steirische Heimatwerk wieder verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Im Jahr 1974 begann in der Steiermark eine Welle der Trachtenerneuerung, die von der Volkskundlerin und Museumsmitarbeiterin Gundl Holaubek-Lawatsch betreut und von Schneidermeisterin Barbara Koprivnik nähtechnisch umgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Erneuerung wurde beispielsweise 1978 – anlässlich 850 Jahre Stadt Graz – das Grazer Bürgerinnenkleid präsentiert. Der Aufschwung wirkte sich auch auf die Kunden- und Verkaufszahlen des Steirischen Heimatwerkes aus, sodass die schon lang ersehnte Filiale in zentraler Lage (Sackstraße, 1976) sowie die Übersiedelung in wesentlich größere Räumlichkeiten in der Paulustorgasse 4 (1979) nun endlich realisiert werden konnten.

Steirisches Heimatwerk 1980–2007/08

Die 1980er-Jahre waren anfangs noch von erfolgreichen Trachtenschauen und Jubiläumsfeierlichkeiten des Steirischen Heimatwerks geprägt. So erlebten m Jahr 1983 die beliebten Vorführungen steirischer Trachten durch das Steirische Heimatwerk (gemeinsam mit Schneidermeister Hubert Fink aus Gratkorn) ihren absoluten Höhepunkt, als man sich über vier ausverkaufte Trachtenschauen in den Grazer Kammersälen freuen konnte. Auch eine überfüllte Heimatwerk-Trachtenschau in der Mehrzweckhalle Feldbach im Jahr 1982 bezeugt das damalige Interesse an regionalen Trachten. In enger Zusammenarbeit mit dem Steirischen Heimatwerk brachte Gundl Holaubek-Lawatsch 1983 schließlich das bekannte Buch „Alte Volkskunst – Steirische Trachten“ heraus, in dem sowohl die überlieferten als auch erneuerten Modelle vorgestellt wurden. 1984 folgten große Feierlichkeiten im Heimatsaal anlässlich „50 Jahre Steirisches Heimatwerk“ und im Jahr 1986 kam es wiederum zu einer Änderung der Heimatwerk-Standorte: Die Innenstadt-Filiale in der Sackstraße übersiedelte in die Herrengasse. Kurze Zeit später kam es jedoch landesweit zu einem abrupten Ende des Trachtenbooms, was sich auch in den Umsatzzahlen des Steirischen Heimatwerks widerspiegelte. So stand in den 1990er-Jahren der Fokus vorrangig darauf, das Unternehmen – als Wirtschaftsbetrieb des Landes Steiermark geführt – zu stabilisieren. 1991 wurde die Filiale in Kapfenberg geschlossen und 1995 übernahm Irene Andree die Geschäftsführung von Christa Wohlkönig. In weiterer Folge wurden die Räumlichkeiten im Hauptgeschäft in der Paulustorgasse verkleinert und es erfolgte in diesem Geschäftslokal eine Spezialisierung auf den Stoff- und Trachtenbereich. Die Filiale in der Herrengasse übernahm fortan das gesamte Kunsthandwerk, bot aber auch Konfektionsdirndl und Accessoires an. Die Leitung der Schneiderei hatte nun Elisabeth Thalhammer inne, die bereits seit 1975 im Unternehmen tätig war. Durch ihr großes Fachwissen konnte sie auch die Trachtenberatungen und -erneuerung von Gundl Holaubek-Lawatsch und Barbra Koprivnik weiterführen.

Steirisches Heimatwerk 2007/08–heute

Im Jahr 2007 wurde durch den damaligen Landeshauptmann-Stv. und Volkskulturreferenten Hermann Schützenhöfer eine organisatorische sowie örtliche Umstrukturierung des Steirischen Heimatwerks eingeleitet. Mit der Gründung der Volkskultur Steiermark GmbH als 100%iges Tochterunternehmen des Landes Steiermark erfolgte im Jahr 2008 eine Zusammenführung folgender Kompetenzbereiche: Das Steirische Heimatwerk – bislang als Wirtschaftsbetrieb des Landes Steiermark geführt – wurde in diese neue Gesellschaft eingegliedert. Ebenso wurde die Verwaltung des Steirischen Volksliedarchives, das im Eigentum des Landes Steiermark steht, an das neue Unternehmen übertragen und der Aufbau einer verbandsübergreifenden Servicestelle in Auftrag gegeben. Alle drei Tätigkeitsbereiche konnten nun einen gemeinsamen, neuen Standort in der Grazer Altstadt – in der Sporgasse 23 – beziehen. Als erste Geschäftsführerin der Volkskultur Steiermark GmbH wurde Silvia Renhart bestellt. Evelyn Kometter übernahm die Leitung des Steirischen Heimatwerks, das nun seit 2008 an seinem neuen Standort in einem zeitgemäßen und ansprechenden Erscheinungsbild erstrahlt. Die Schneiderei des Steirischen Heimatwerks, die bis heute alle im Steirischen Heimatwerk angebotenen Dirndl in Handarbeit fertigt, konnte ebenso in der Sporgasse 23 untergebracht werden. Zusätzlich zur Beratungs-, Fertigungs- und Verkaufstätigkeit sah sich das Steirische Heimatwerk nun auch verstärkt der Dokumentation der steirischen Trachtenlandschaft verpflichtet und konnte in den 2010er-Jahren zwei Trachtenbücher publizieren: „Froschgoscherl und Kittlblech. Die Arbeitsblätter der Frauentrachten im Steirischen Heimatwerk. Graz 2010“ und „Lampas, Gams und Schneiderfliege. Die steirischen Männertrachten. Graz 2015“. Im Jahr 2011 wurde die Geschäftsführung der Volkskultur Steiermark GmbH an Monika Primas übertragen, die dieses Amt bis 2021 innehatte. Die Leitung des Steirischen Heimatwerks hat im Jahr 2017 Anita Schmid übernommen. Seit 1. Jänner 2022 steht Simon Koiner-Graupp der Gesellschaft als neuer Geschäftsführer vor.

Das steirische Heimatwerk

Die Geschichte des Steirischen Heimatwerks ist eng mit jener des Volkskundemuseums in der Grazer Paulustorgasse verknüpft, hat sich das Steirische Heimatwerk doch aus diesem heraus entwickelt und war bis 1979 im Gebäudekomplex des Museums untergebracht. Begonnen hat alles im Jahr 1917 in den Wirren des Ersten Weltkriegs als Viktor Geramb (1884–1958), der im Jahr 1913 das Volkskundemuseum gründete, in der Vorweihnachtszeit im Museum eine „Volkskundliche Verkaufsstelle“ ins Leben rief. Mit dieser Einrichtung, die er später als „Vorläufer unseres Heimatwerkes“ bezeichnete, verfolgte Geramb zwei Ziele: Zum einen sah der darin die Verwirklichung seiner volksbildnerischen Idee, „Nachahmungen von im Museum vorhandenen Originalen steirischer Volkskunst“ herstellen zu lassen und zu verbreiten. Zum anderen sollte das Erzeugen dieser Produkte verwundeten Soldaten zu einem Nebenverdienst verhelfen bzw. in späterer Folge das bäuerliche Hausgewerbe fördern. In Invalidenschulen wurden daher ab 1917 im Auftrag des Museums Hinterglasbilder, bemalte Dosen und Schachteln, geschnitzte Kassetten, Handtuchhalter, Brotmesser, Buttermodeln, schmiedeeiserne Leuchter etc. nach Vorlagen des Museums in großer Menge für den Verkauf angefertigt. So konnte den Invaliden eine „reiche Beschäftigung mit guter bodenständiger Volkskunst und ein hübscher Nebenverdienst und den Käufern eine Auswahl guter, geschmackvoller und vor allem echter heimischer Andenken gewährt werden.“, so Geramb.

Steirisches Heimatwerk 1934-1938


Anfang der 1930er-Jahre beabsichtigte Viktor Geramb, die Räumlichkeiten des Volkskundemuseums für seine Sammlungen und vor allem auch seine volksbildnerischen Tätigkeiten durch Zubauten zu erweitern. Im ersten Schritt seines Ausbauplanes war der Bau eines sogenannten „Verkaufsstöckels“ für das Steirische Heimatwerk mit den dazugehörigen Lager- und Schauräumen geplant. Zur Verwirklichung dieses Planes erwirkte Geramb in den Jahren 1933 und 1934 je eine steirische Spendensammlung, die damals in Summe 16.000 Schilling einbrachte und die Errichtung des „Stöckls“ ermöglichte. Die feierliche Eröffnung des „Steirischen Heimatwerks“ fand schließlich am 7. Juli 1934 statt. Es war das erste Heimatwerk in Österreich und Vorbild für die späteren Gründungen in allen Bundesländern.

Im Jahr 1934 entwickelte das Steirische Heimatwerk eine Schutzmarke, die mit dem Wappentier der Steiermark – dem Steirischen Panther – geschmückt und der Umschrift „Vom Heimatwerk des steirischen Volkskundemuseums empfohlen“ versehen war. Die Marke war dabei keineswegs ein Geschäftszeichen des Heimatwerks, sondern stellte ein Fachgutachten des Volkskundemuseums dar. Mit Aufrufen an die Kaufmannschaft holte man Schneider:innen, Hut- und Schuhmacher:innen, Kaufhäuser, Stoffdrucker:innen und -weber:innen ins Museum und unterzog ihre Erzeugnisse einer Prüfung. Für positiv bewertete Trachtenstücke erhielten diese die Schutzmarke. Ziel der Zertifizierung war, Käufer:innen „vor minderwertigen und trachtlich falschen Erzeugnissen [zu] schützen und dadurch auch die heimatliche Tracht vor den schädlichen Einflüssen volksfremder Modeströmungen [zu] bewahren“.

Steirisches Heimatwerk 1938–1945
1938, im Jahr des „Anschlusses“, präsentierte sich das Steirische Heimatwerk finanziell als solider Betrieb. Die Einnahmen aus dem Eigenwarenverkauf, der Überschuss aus dem Fremdwarenverkauf, Schutzmarkengebühren und Spenden deckten Personalaufwand und alle sonstigen Erfordernisse ab, 1938 blieb ein Plus von über 3000 Reichsmark (Kaufkraft ca. 16.000 Euro). Der Erfolg des wirtschaftlichen Aufbaus des Heimatwerks von einer volkskundlichen Verkaufsstelle zu einem Unternehmen mit Lagerverwaltung und Verrechnung von Markenrechten lag nicht zuletzt am langjährigen ehrenamtlichen Engagement des ehemaligen Generaldirektors bei Humanic, Gustav Klein, der das Heimatwerk kaufmännisch betreute.

Viktor Geramb wurde nach dem „Anschluss“ wegen seiner katholischen Gesinnung in seiner volksbildenden Vortragstätigkeit in der Steiermark eingeschränkt und an der Universität seiner Funktionen enthoben, er blieb jedoch Leiter des Volkskundemuseums. Viktor Theiss (1894–1967), der seit 1924 wissenschaftlicher Beamter am Volkskundemuseum war, kümmerte sich nun vermehrt um die inhaltliche Betreuung des Heimatwerks, hielt Vorträge in den Lehrerbildungsanstalten, der Fürsorgerinnenschule sowie an der Kunstgewerbeschule.

Was Inhalte und Aktivitäten betrifft, bedeutete der „Anschluss“ für das Heimatwerk in der Steiermark keinen Bruch: Die Aktivitäten wurden praktisch unverändert weitergeführt. In der Trachtenliteratur der NS-Zeit spielte das Steirische Heimatwerk jedoch kaum eine Rolle, die einschlägigen Ratgeber für Frauentrachten in der Steiermark waren von der „Deutschen Frauenschaft“ oder Dienststellen des Reichsstatthalters herausgegeben worden. Ausnahme war ein Beitrag über „Die steirische Männertracht“, die Theiss im Auftrag des Gauleiters 1944 veröffentlichte.

Steirisches Heimatwerk 1946–1979/80

Der Zweite Weltkrieg mit seinen wirtschaftlichen Folgen und die unmittelbare Nachkriegszeit mit ihren Lieferschwierigkeiten ließen die vielversprechenden Anfangsjahre des Steirischen Heimatwerks bald verblassen. Und es stellte sich auch heraus, dass das „Stöckl“ in der Paulustorgasse keineswegs an einem verkaufsgünstigen Platz lag und so gesehen keine realistischen Entwicklungsmöglichkeiten hatte. Sämtliche Versuche, in eine bessere Geschäftslage zu gelangen, scheiterten damals. Der einzige Lichtblick war 1952 die Eröffnung einer Filiale in Kapfenberg, die nach einigen Jahren das Hauptgeschäft in Graz umsatzmäßig sogar überholte.
Dokumente aus jener Zeit dokumentieren das damalige Heimatwerk-Angebot: Es gab ungebleichtes oder rasengebleichtes Bauernleinen aus der Oststeiermark, handbedrucktes Leinen aus Aussee, handgewebte Trachtenstoffe aus Graz, Gams und Feldbach, Loden aus Mandling. Aus dem Ennstal lieferte ein Heimarbeiter verschiedene Holzwaren, aus der Weststeiermark kam bäuerliche Keramik, Flechtwaren gab es aus dem Mürztal, Glaswaren aus Voitsberg, handgeschmiedetes Eisen aus Leoben und Deutschlandsberg. 

Trachtentücher aus Seide wurden auf Anregung des Steirischen Heimatwerks von einer Wiener Seidenweberei gefertigt und im Heimatwerk verkauft.

Im Steirischen Heimatwerk wurden zwar von Anfang an Trachtenberatungen durchgeführt und Stoffe verkauft, jedoch keine Dirndl gefertigt. Erst im Jahr 1963 wurde die Schneiderin Barbara Schober (spätere Koprivnik) mit dem Aufbau einer Schneiderei betraut. Sie hatte zuvor in der Trachtenwerkstätte des Kärntner Heimatwerks gearbeitet und wurde nach ihrer Übersiedelung nach Graz vom damaligen Leiter des Kärntner Heimatwerks, Franz Koschier, dem Steirischen Heimatwerk empfohlen. Als selbstständige Schneiderin zog Schober in einen Raum oberhalb des Trachtensaals im Volkskundemuseum ein und begann hier, für das Steirische Heimatwerk Dirndl zu fertigen. Sie brachte einen unglaublichen Schwung sowie Fachwissen mit und baute ihre Werkstätte Schritt für Schritt aus, bis diese schließlich im Jahr 1975 in das Steirische Heimatwerk eingegliedert wurde.

Mit Beginn des Jahres 1973 übernahm Katharina Zwittnig – seit 20 Jahren Leiterin des Steirischen Heimatwerks in Kapfenberg – die Geschäftsführung des gesamten Steirischen Heimatwerks, und Luise Feichtinger wurde die Verkaufsleitung in Graz übertragen. Mit viel Engagement und Innovationen (Oster- und Christkindlmarkt, Verkaufsausstellung „Lebendiges Kunsthandwerk“, Erstellung einer Trachten-Postkartenserie u.v.m.) versuchte das neue Team, das Steirische Heimatwerk wieder verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Im Jahr 1974 begann in der Steiermark eine Welle der Trachtenerneuerung, die von der Volkskundlerin und Museumsmitarbeiterin Gundl Holaubek-Lawatsch betreut und von Schneidermeisterin Barbara Koprivnik nähtechnisch umgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Erneuerung wurde beispielsweise 1978 – anlässlich 850 Jahre Stadt Graz – das Grazer Bürgerinnenkleid präsentiert. Der Aufschwung wirkte sich auch auf die Kunden- und Verkaufszahlen des Steirischen Heimatwerkes aus, sodass die schon lang ersehnte Filiale in zentraler Lage (Sackstraße, 1976) sowie die Übersiedelung in wesentlich größere Räumlichkeiten in der Paulustorgasse 4 (1979) nun endlich realisiert werden konnten.

Steirisches Heimatwerk 1980–2007/08

Die 1980er-Jahre waren anfangs noch von erfolgreichen Trachtenschauen und Jubiläumsfeierlichkeiten des Steirischen Heimatwerks geprägt. So erlebten m Jahr 1983 die beliebten Vorführungen steirischer Trachten durch das Steirische Heimatwerk (gemeinsam mit Schneidermeister Hubert Fink aus Gratkorn) ihren absoluten Höhepunkt, als man sich über vier ausverkaufte Trachtenschauen in den Grazer Kammersälen freuen konnte. Auch eine überfüllte Heimatwerk-Trachtenschau in der Mehrzweckhalle Feldbach im Jahr 1982 bezeugt das damalige Interesse an regionalen Trachten. In enger Zusammenarbeit mit dem Steirischen Heimatwerk brachte Gundl Holaubek-Lawatsch 1983 schließlich das bekannte Buch „Alte Volkskunst – Steirische Trachten“ heraus, in dem sowohl die überlieferten als auch erneuerten Modelle vorgestellt wurden. 1984 folgten große Feierlichkeiten im Heimatsaal anlässlich „50 Jahre Steirisches Heimatwerk“ und im Jahr 1986 kam es wiederum zu einer Änderung der Heimatwerk-Standorte: Die Innenstadt-Filiale in der Sackstraße übersiedelte in die Herrengasse. Kurze Zeit später kam es jedoch landesweit zu einem abrupten Ende des Trachtenbooms, was sich auch in den Umsatzzahlen des Steirischen Heimatwerks widerspiegelte. So stand in den 1990er-Jahren der Fokus vorrangig darauf, das Unternehmen – als Wirtschaftsbetrieb des Landes Steiermark geführt – zu stabilisieren. 1991 wurde die Filiale in Kapfenberg geschlossen und 1995 übernahm Irene Andree die Geschäftsführung von Christa Wohlkönig. In weiterer Folge wurden die Räumlichkeiten im Hauptgeschäft in der Paulustorgasse verkleinert und es erfolgte in diesem Geschäftslokal eine Spezialisierung auf den Stoff- und Trachtenbereich. Die Filiale in der Herrengasse übernahm fortan das gesamte Kunsthandwerk, bot aber auch Konfektionsdirndl und Accessoires an. Die Leitung der Schneiderei hatte nun Elisabeth Thalhammer inne, die bereits seit 1975 im Unternehmen tätig war. Durch ihr großes Fachwissen konnte sie auch die Trachtenberatungen und -erneuerung von Gundl Holaubek-Lawatsch und Barbra Koprivnik weiterführen.

Steirisches Heimatwerk 2007/08–heute

Im Jahr 2007 wurde durch den damaligen Landeshauptmann-Stv. und Volkskulturreferenten Hermann Schützenhöfer eine organisatorische sowie örtliche Umstrukturierung des Steirischen Heimatwerks eingeleitet. Mit der Gründung der Volkskultur Steiermark GmbH als 100%iges Tochterunternehmen des Landes Steiermark erfolgte im Jahr 2008 eine Zusammenführung folgender Kompetenzbereiche: Das Steirische Heimatwerk – bislang als Wirtschaftsbetrieb des Landes Steiermark geführt – wurde in diese neue Gesellschaft eingegliedert. Ebenso wurde die Verwaltung des Steirischen Volksliedarchives, das im Eigentum des Landes Steiermark steht, an das neue Unternehmen übertragen und der Aufbau einer verbandsübergreifenden Servicestelle in Auftrag gegeben. Alle drei Tätigkeitsbereiche konnten nun einen gemeinsamen, neuen Standort in der Grazer Altstadt – in der Sporgasse 23 – beziehen. Als erste Geschäftsführerin der Volkskultur Steiermark GmbH wurde Silvia Renhart bestellt. Evelyn Kometter übernahm die Leitung des Steirischen Heimatwerks, das nun seit 2008 an seinem neuen Standort in einem zeitgemäßen und ansprechenden Erscheinungsbild erstrahlt. Die Schneiderei des Steirischen Heimatwerks, die bis heute alle im Steirischen Heimatwerk angebotenen Dirndl in Handarbeit fertigt, konnte ebenso in der Sporgasse 23 untergebracht werden. Zusätzlich zur Beratungs-, Fertigungs- und Verkaufstätigkeit sah sich das Steirische Heimatwerk nun auch verstärkt der Dokumentation der steirischen Trachtenlandschaft verpflichtet und konnte in den 2010er-Jahren zwei Trachtenbücher publizieren: „Froschgoscherl und Kittlblech. Die Arbeitsblätter der Frauentrachten im Steirischen Heimatwerk. Graz 2010“ und „Lampas, Gams und Schneiderfliege. Die steirischen Männertrachten. Graz 2015“. Im Jahr 2011 wurde die Geschäftsführung der Volkskultur Steiermark GmbH an Monika Primas übertragen, die dieses Amt bis 2021 innehatte. Die Leitung des Steirischen Heimatwerks hat im Jahr 2017 Anita Schmid übernommen. Seit 1. Jänner 2022 steht Simon Koiner-Graupp der Gesellschaft als neuer Geschäftsführer vor.